Mittwoch, 3. Februar 2016

Moldawien – Unbekanntes Land am Rande Europas. Auf Spurensuche im alten Bessarabien – von Klaus Bieger, Neckartenzlingen - Ein Reisebericht

Geographisch wie politisch eingezwängt zwischen Ukraine und Rumänien, zwischen Russland und der Europäischen Union, befindet sich der kleine Staat in Südosteuropa immer noch auf der Suche nach der eigenen Identität.
Obwohl oder gerade weil spektakuläre Sehenswürdigkeiten fehlen, ist Moldawien prädestiniert für individuelles Reisen. Die Herzlichkeit der Menschen, ihre Aufgeschlossenheit und besonders auf dem Lande echte Gastfreundschaft sind ein ebenso großes Kulturgut wie steinerne Zeugen.
Nach Ankunft auf dem Flughafen von Chisinau fahren wir auf gut ausgebauter Schnellstraße in die Hauptstadt der ehemaligen Sowjetrepublik. Unser Weg wird gesäumt von einer Mischung aus kleinen ländlich wirkenden Häusern, durchmischt mit Plattenbauten aus der sozialistischen Zeit und immer mehr hochmoderner Architektur. Der zunächst chaotisch wirkende Verkehr lässt dennoch eine gewisse Ordnung erkennen ohne das sonst in südlichen Ländern übliche Hupkonzert. Irritierend sind aber zunächst die pausenlos aufflackernden Radarblitze. Da es so viele Temposünder eigentlich nicht geben kann, lassen wir uns von unserem Fahrer aufklären: grundsätzlich werde jeder Autofahrer geblitzt. Danach wird mühsam herausgefiltert wer tatsächlich die Geschwindigkeitsbegrenzung überschritten hat - auch eine Methode.

Pulsierende Hauptstadt

Wir steigen im zentral gelegenen Hotel Cosmos ab, ein Hochhaus im Sowjetstil, inzwischen renoviert und gut geführt. Ein erster Rundgang durch Chisinau führt uns zunächst zum Bahnhof, einem prunkvollen Gebäude vom Ende des 19. Jahrhunderts, innen und außen wie geschleckt. Auf dem Gelände herrscht allerdings gähnende Leere. Mehr Betrieb gibt es nur, wenn die Fernzüge aus Moskau, St.Petersburg, Bukarest oder Warschau ankommen bzw. abfahren. Die Moskauer Züge werden vor allem von Moldawiern genutzt, die in Russland ihr Geld verdienen. Jeder vierte der ca. 4 Millionen Einwohner arbeitet außerhalb des Landes, neben Russland auch in westlichen EU-Staaten, wo es z.B. in Italien wegen der romanischen Herkunft des Rumänischen ( Staatssprache Moldawiens ) weniger Verständigungsschwierigkeiten gibt. Moldawier erhalten außerdem leicht einen rumänischen Pass und damit Zugang zum EU-Arbeitsmarkt.
Vor dem Bahnhofsplatz kontrastiert das Denkmal für die Opfer des Kommunismus mit dem Armenbasar; hier verscherbeln ältere Babuschkas ihre wenigen Habseligkeiten und sehen sich eher als Opfer der Demokratie. Auf dem großen Basar nahe der Altstadt fühlt man sich fast schon wie im Orient, wenn auch ohne die lästigen Aufdringlichkeiten. Jede Verkäuferin wartet geduldig auf Kunden. Das reiche Angebot an Lebensmitteln zeigt die lange Tradition des überwiegend von der Landwirtschaft bestimmten Landes. Wir nehmen den Trolleybus und fahren für 2 Lei (ca. 11 cent) ein Stück auf der Hauptverkehrsachse Boulevard Stefan cel Mare (… der Große). Zu beiden Seiten liegen die wichtigsten Gebäude der Stadt, wie historisches Rathaus, Orgelsaal, Nationaltheater, Regierungspalast, Oper, orthodoxe Kathedrale und der unvermeidliche Triumphbogen; er erinnert an den Sieg des Zaren über das Osmanische Reich 1812 und die damit verbundene Angliederung Bessarabiens an Russland. Viel Grün längs der Straßen und mehrere Parks lockern das Stadtbild auf und laden zum Flanieren ein. In einem dieser Parks erhebt sich das Standbild Stefans des Großen und Heiligen, des gemeinsamen Nationalhelden Moldawiens und Rumäniens aus den Zeiten des Fürstentums Moldau (gegr.im 14.Jh.), der Keimzelle beider Länder. In einer Seitenstraße erleben wir zum ersten Mal die Gastfreundschaft auch der Hauptstädter. Wir werden spontan zu einer Weinprobe mit reichhaltiger Verkostung von Spezialitäten des Hauses eingeladen. Der armenische Besitzer erzählt ausgiebig über sein Geschäft, sein Leben und die Umstände seiner Anwesenheit in Chisinau.
Der weitläufige jüdische Friedhof am Rande der Stadt lässt erahnen, welch große Rolle die israelitische Glaubensgemeinschaft einst in Moldawien bzw. Bessarabien spielte. Noch um 1900 waren 45% der Einwohner Chisinaus Juden. In einer der beiden übriggebliebenen Synagogen (von einst über 70) gibt uns der Rabbi bereitwillig Auskunft über das Schicksal seiner Gemeinde. Vom ehemals blühenden jüdischen Leben sei leider nicht mehr viel übriggeblieben. Nach Pogromen Anfang des 20.Jahrhunderts und den schrecklichen Ereignissen während des Zweiten Weltkrieges wird die Zahl der Gläubigen nur noch mit unter 5000 angegeben.

Bald Weltkulturerbe
Am nächsten Tag fahren wir zum historisch-archäologischen Komplex von Orheiul Vechi ( 70 km nordöstlich von Chisinau ), der vor allem von Einheimischen meistbesuchte Ort Moldawiens. Ausländische Gäste sind in einem Land praktisch ohne Tourismus eher selten. Orheiul Vechi präsentiert sich als faszinierende Komposition von Natur, Kultur und Geschichte mit Spuren von der Steinzeit bis in die Gegenwart.2007 wurde ein Antrag auf Übernahme als Weltkulturerbe gestellt. Anlaufpunkt sind die beiden Dörfer Trebujeni und Butujeni am hier extrem mäandrierenden Fluss Raut. In den steilen Kalksteinhängen verstecken sich ein Höhlenkloster sowie Zellen von Einsiedlermönchen, die schon lange verwaist sind. Im Kloster selbst fristet ein einziger Mönch sein karges Leben. Durch einen Tunnel gelangt man zur 150m hohen Abbruchkante über dem Tal mit atemberaubendem Blick auf die Flussschlingen des Raut. Anschließend geht es zu Fuß auf steilem Grat hinüber nach Trebujeni, wo schon ein typisch moldawisches Essen bei einer Bauernfamilie auf uns wartet. Alles, was die regionale Küche hergibt steht auf dem Tisch.
Moldawiens Landschaft ist gekennzeichnet durch leichtwelliges Hügelland, im Süden eher steppenhaft, im Norden und Westen mit mehr Grün, großen Wäldern und ausgedehnten Weinfeldern. Auf den schon aus der Ukraine bekannten fruchtbaren Schwarzerdeböden gedeihen Mais, Weizen und Sonnenblumen. Nach der Privatisierung im Zuge der Unabhängigkeit liegen jedoch viele Flächen brach, versteppen zusehends und werden allenfalls noch als Rinderweide genutzt. Einzigartig für Moldawien sind die endlosen Walnussalleen, die sich durchs ganze Land ziehen. Sie finden ihren Niederschlag auf den Märkten, wo frische Walnüsse, Walnusshonig und Walnussöl angeboten werden. Inzwischen sind auch deutsche Firmen in den lukrativen moldawischen Walnussmarkt eingestiegen.
Geschichte begegnet uns wieder auf der Fahrt in den äußersten Norden, in das Städtchen Soroca. Die dortige Festung des Fürstentums Moldau wurde hier an den Ufern des Flusses Dnjestr als Bollwerk des christlichen Abendlandes gegen den Ansturm der Tataren im 16.Jahrhundert errichtet. Unser Führer vor Ort mahnt nicht ohne Stolz Dankbarkeit dafür an, dass seine Vorfahren Europa damals gegen die heranrückenden Horden aus Asien erfolgreich verteidigt haben.
Die Verständigung auf dieser Reise erfolgt mittels eines Dolmetschers ausschließlich auf Russisch, das von 99% der Moldawier gesprochen wird. Bis 1990 war Russisch Amtssprache, heute ist es Rumänisch bzw. Moldawisch. Ein Aufenthalt in Soroca wäre unvollständig ohne einen Besuch des weit über die Landesgrenzen hinaus bekannten Zigeunerviertels der Stadt (ich verwende hier ausdrücklich die Eigenbezeichnung der Bewohner ). Es ist fast so etwas wie die heimliche Hauptstadt dieser Volksgruppe. Die riesigen Paläste auf einem Hügel hoch über dem Dnjestr sind an Skurrilität nicht mehr zu überbieten. Nachbauten des Kapitols in Washington, Anklänge an römische Tempel oder Prachtbauten aus der Zarenzeit, alles ist hier vertreten, wenngleich meist nur als Fassade (Potemkin lässt grüßen ). Häufig wohnt die Familie in einem einzigen Raum. Weitergebaut wird erst, wenn der Baron wieder genügend Geld durch „ Business“ ( O-Ton einer Bewohnerin ) verdient hat.

Autonome Republik Gagausien
Hos Geldiniz! ( herzlich Willkommen auf Türkisch ). Wir passieren soeben die Grenze zu der im Südosten Moldawiens gelegenen autonomen Teilrepublik Gagausien (sprich Gaga-usien ). Auf nur 1832 qkm Fläche (3-fache Größe des Kreises Esslingen) mit 162000 Einwohnern hat sich hier ein kleines Turkvolk nach dem Ende der Sowjetunion auf friedlichem Wege ein hohes Maß an Eigenständigkeit erkämpft. Seit 1994 besitzt Gagausien seine eigene Regierung, Sprache (neben Russisch und Rumänisch), Flagge und Hymne. Aus ihrer prorussischen Haltung machen die Gagausen keinen Hehl, was infolge der Ukrainekrise heuer zu Spannungen mit der Zentralregierung in Chisinau führte. Die große Leninstatue vor dem Regierungsgebäude in der Hauptstadt Comrat (26000 E ) ist wohl als Drohgebärde gedacht. Im Kontrast dazu steht die imposante orthodoxe Kathedrale. Die Gagausen sind nämlich das einzige Turkvolk christlichen Glaubens. Ein Hemmschuh für die Entwicklung des Ministaates ist neben der weitgehenden Ausrichtung auf die Landwirtschaft das zersplitterte Territorium. Ein größerer Teil gruppiert sich um die Hauptstadt, drei weitere kleinere Landstriche bilden mit 26 Dörfern einen regelrechten Flickenteppich. Jedes Dorf durfte darüber abstimmen, ob es zu Gagausien gehören möchte. Überdimensionierte Plakate und Lautsprecherwagen der verschiedenen Parteien kündigen schon die mit Spannung erwarteten Parlamentswahlen an. Die prorussischen Kräfte werden als Sieger prognostiziert. Ein Besuch des Basars darf auch in Comrat nicht fehlen ebenso wie eine Stippvisite in der aus Sowjetzeiten allseits
bekannten Poliklinik. 20 Km weiter südlich steht im beschaulichen Angerdorf Besalma Gagausiens
Museum für Geschichte und Ethnographie. Es bietet einen tiefen Einblick in Vergangenheit und Gegenwart des kleinen, aber umso stolzeren Volkes. Auf dem Spaziergang durchs Dorf grüßt uns schon von weitem die auf einem Hügel stehende letzte Windmühle von Besalma. Überrascht erfahren wir, dass sie von deutschen Bessarabiensiedlern gebaut wurde. Kaum oben angekommen lädt uns ein Bauer gestenreich zu sich nach Hause ein. Er besteht darauf, nicht eher wieder zu gehen, bis wir ausgiebig seinen neuen Wein gekostet haben. Obwohl wir vom Mittagessen schon satt waren, bringt uns die Bauersfrau noch einen Berg gagausischer Pfannkuchen. Eine Schnapsrunde lässt uns auch diese schwere Aufgabe bewältigen. Mit Hilfe unseres Dolmetschers entspinnt sich eine leidenschaftliche Diskussion über die aktuelle politische Lage. Bauer Ilia schimpft auf die neue Regierung. Seit der Wende habe er für seine Produkte keine Abnahmegarantie mehr, er lobt die alte Zeit in höchsten Tönen und schwört auf eine Zollunion mit Russland. Seine Entscheidung bei den Wahlen dürfte damit klar sein. Zusätzliche Probleme ergeben sich aus der Weigerung der Ukraine, den Transit für Waren zu erlauben. Arbeitsplätze auf dem Land gibt es nicht. Deshalb hat er seine Kinder nach Moskau geschickt. Er selbst lebt mit seiner Frau mehr schlecht als recht als Selbstversorger auf seiner Scholle. Fahrer Tabor hupt wegen der hereinbrechenden Dunkelheit zum Aufbruch. Wir singen noch ein deutsches Trinklied und mit einem Beutel voll süßer Trauben geht es
zurück nach Chisinau.

Im Guinessbuch der Rekorde

Dass auch Moldawien seit 2007 einen Eintrag ins Guinessbuch der Rekorde vorzuweisen hat, liegt am Staatsweingut Milestii Mici unweit der Hauptstadt. Hier befindet sich die größte Weinkellerei der Welt mit 250 km langem Stollensystem, wovon zur Zeit 120 km genutzt werden. Eigentlich kann es gar nicht anders sein, betrachtet man die Umrisse des Landes - eine schön gewachsene Weintraube. Besonders wertvoll ist die Raritätensammlung. Flaschenpreise bis zu 3000 Dollar sind keine Seltenheit. Hauptsächlich Japaner und neuerdings Chinesen kaufen sich ein. Sie lagern hier ihren Schatz als Geldanlage. Im zweiten Staatsweingut Cricova hat sogar Angela Merkel 250 Flaschen gebunkert. Um auch nur annähernd eine Vorstellung von der Größe der Kellerei zu bekommen, ist es erlaubt, mit Führung im eigenen Pkw einen Teil der Stollen zu befahren. Natürlich darf eine Verkostung der edlen Tropfen in eigens dafür eingerichteten Degustiersälen 60 m unter Tage nicht fehlen. An den Wänden zeugen Photos von prominenten Gästen, wie z.B. Jimmy Carter oder Michel Platini.

Damals in Ketrossy

Auf Spurensuche der Bessarabiendeutschen begeben wir uns bei einem Besuch des Staßendorfes Chetrosu/russ. Ketrossy , 18 km südöstlich von Chisinau an der alten Straße über Tiraspol nach Odessa am Schwarzen Meer. Nach der Eroberung Bessarabiens durch Russland 1812 holte Zar Alexander I. deutsche Kolonisten ins Land. Zwar leben hier auf Grund des Hitler-Stalin-Paktes seit 1940 keine Deutschen mehr, die alte Bausubstanz ist aber noch gut erhalten. Im Gegensatz zu den eher kleinen moldawischen Häuschen erkennt man den deutschen Baustil, lange einstöckige Gebäude mit der Giebelseite zur Straße und anschließendem Nutzland. Warum ausgerechnet Ketrossy? Hier wurde kurz vor der Aussiedlung der Deutschen Bruno Necker geboren, der nach dem Zweiten Weltkrieg in unserem Wohnort Neckartenzlingen ein Unternehmen aufgebaut hat, ganz in der Tradition seines umtriebigen Großvaters Andreas Necker, dem Gründer von Ketrossy. Durch wiederkehrende Besuche hält sein Enkel die Beziehungen zur alten Heimat aufrecht. Im Rathaus des Ortes werden wir freundlich empfangen. Die Sekretärin des Bürgermeisters gibt uns bereitwillig Auskunft über die jüngere Geschichte des Dorfes, das die heutigen Bewohner immer noch Deutsch-Ketrossy nennen. Das Staatsgebiet Moldawiens umfasst etwa 70% des historischen Bessarabien. Der südliche Teil gehört zur Ukraine und nur über einen 600 Meter langen Abschnitt an der Donau mit dem Hafen Giurgiulesti hat das Land einen indirekten Zugang zum Schwarzen Meer.

Land hinter dem Dnjestr

Hochpolitisch wird es wieder bei einem Ausflug in ein Land, das es offiziell gar nicht gibt: Transnistrien (hinter dem Fluss Dnjestr). Nach blutigen Kampfhandlungen erklärte sich dieser Teil Moldawiens mit überwiegend russischer Bevölkerung 1992 für unabhängig. Auf einem schmalen Streifen von 4000 qkm leben 550000 Menschen. Bis heute wird das Gebilde, das sich selbst Pridnestrowien nennt (Land vor dem Dnjestr), von keinem Staat, nicht einmal von Russland anerkannt. Gleichwohl hat die Regierung in der Hauptstadt Tiraspol staatliche Strukturen entwickelt, mit Parlament, eigener Flagge, Hymne, eigenen Briefmarken und Banknoten. 5000 Mann eigene Streitkräfte, abgesichert durch Teile der 14. Russischen Armee, garantieren als sogenannte Friedenstruppe den Status Quo. Moskau hat somit ein Druckmittel in der Hand gegenüber einer zu starken Annäherung Moldawiens an die EU. Im übrigen gehörte Transnistrien nie zu Bessarabien bzw. Rumänien, sondern ist eine Schöpfung Stalins. Wir reisen über Bender ein, der einzigen Stadt des Pseudostaates diesseits des Dnjestr. An der von russischen Panzern bewachten Grenze bekommen wir einen Migrantenschein in den Pass eingelegt, der es erlaubt, sich ohne weitere Formalitäten bis zu 10 Stunden im Land aufzuhalten. Kurz vor der Stadt thront über dem Fluss die mächtige Festung. Anfang des 16. Jahrhunderts erbaut, erhielt die Burganlage ihr heutiges Aussehen nach der Eroberung durch das Osmanische Reich unter Süleyman dem Prächtigen. In Bender selbst erinnern zahlreiche Heldendenkmäler an die verschiedenen Kriege der letzten 150 Jahre. Nach Überqueren der Dnjestrbrücke geht es in kurzer Fahrt in die Hauptstadt. Nach außen hin scheint in Tiraspol die Sowjetunion weiterzuleben mit Leninstatuen, Hammer und Sichel und Regierungsbauten im Stil des sozialistischen Realismus. Bei näherer Betrachtung entpuppt sich Transnistrien als das Herrschaftsgebiet des allgegenwärtigen Sheriff-Konzerns. Zwei Brüder, ehemalige Polizisten, haben seit 1991 ein riesiges Wirtschaftsimperium aufgebaut. Dazu gehören eine Wohnbaugesellschaft, Tankstellen, Großbäckereien, Supermärkte, die berühmte Schnapsfabrik Kvint, Mobilfunk- und Internetbetreiber, eine Mercedesfiliale, der einzige private TV-Sender und nicht zuletzt der renommierte Fußballklub FC Sheriff Tiraspol, der mit einigen UEFA-Cupteilnahmen schon internationale Erfahrung gesammelt hat. Im supermodernen Sheriff-Stadion trägt pikanterweise die moldawische Nationalmannschaft ihre Länderspiele aus. Um auch den Segen von oben zu bekommen, stifteten die Sheriff-Brüder die nagelneue orthodoxe Kathedrale. Kurz vor Ablauf unseres Tagesvisums tauschen wir die restlichen transnistrischen Rubel wieder in moldawische Lei um und begeben uns auf die Rückfahrt nach Chisinau.

Renaissance der Religion

Der letzte Tag einer spannenden Reise durch Moldawien steht noch einmal ganz im Zeichen von Religion und Klosterleben. In Richtung rumänischer Grenze liegt abseits der Hauptstraße das Kloster Capriana. Um die älteste Kirche des Landes aus den Anfängen des 15. Jahrhunderts entstand im Laufe der Zeit eine weitläufige Klosteranlage. Da wir unerlaubterweise einen Blick hinter die Ikonostase gewagt haben, verweigert uns der Pope die zugesagte Führung. Unser Fahrer springt ein und weist uns auf eine Besonderheit hin, nämlich die unterschiedliche Form der beiden Kirchtürme, der eine eckig/rumänisch, der andere rund/russisch, gleichsam als Versinnbildlichung der zerrissenen Landesgeschichte. Umso freundlicher gestaltet sich anschließend der Empfang in dem in einem riesigen Waldgebiet versteckten Nonnenkloster Hincu nahe am Fluss Pruth, der auf weite Strecken die Grenze zum Nachbarland Rumänien markiert. Nach seiner Gründung 1678 musste Hincu mehrmals Tatarenüberfälle erdulden und wurde erst 1784 wiederbelebt. Nochmals eine schwere Zeit waren die kommunistischen Jahre 1944 bis 1991.Wie so viele Kirchen und Klöster wurde auch Hincu zweckentfremdet und diente jahrzehntelang als Sanatorium für Tuberkulosekranke. Nach Rückübertragung in den Kirchenbesitz setzte eine rege Bau- und Renovierungsphase ein, die noch nicht abgeschlossen ist. Sichtbarstes Zeichen dafür ist der Neubau der überdimensionierten Kathedrale. Wir dürfen noch eine orthodoxe Hochzeit mitfeiern und zum Abschluss gewährt uns die Äbtissin in fließendem Französisch eine umfassende Führung durch den Klosterkomplex.
Mit neuen, so nicht erwarteten Eindrücken verlassen wir dieses sympathische Land am Rande Europas nach dem Motto: sei weise, reise (frei nach Wilhelm Busch).


Link zur Reise:  http://www.travel-and-personality.de/Moldawien/erlebnisreisen/eine-reise-ins-unbekannte-europa/MD-1















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