Donnerstag, 12. Februar 2015

Tunesien - Fußspuren im Sand

Langsam zieht die Karawane durch das endlose Gelb. Jede Sekunde wird zur Unendlichkeit. Jeder Schritt meines Kamels lässt die Zeit still stehen. Hier endet alles. Hier beginnt das Leben. Hierher kehren wir zurück als eines der vielen Sandkörner. Hier verlieren sich unsere Spuren.
Die Faszination der Wüste steckt in uns allen. Weite Räume und Landschaften ziehen uns Menschen an wie ein Magnet. Die Sucht nach der Klarheit der Elemente und die Utopie der menschlichen Größe sind hier vollkommen.
Die Wüste lebt. Das wissen alle Nomaden. Sie bewegt sich, verändert ihre Form, gibt und nimmt zwischen trocknem Staub und kühlem Nass in dem wir unsere aufglühenden Körper abkühlen können. Die Sonne brennt am Tage und Nachts fröstelt es unter dem klaren Sternenhimmel.
Das "Nichts" wird hier zum Genuss.

Über Djerba gelangen wir mit Pause in Matmata (Höhlenwohnungen) nach Douz, einem Wüstenort. Dort treffen wir auch schon die Karawane vor den Toren dieser Oase.
Schon der erste Blick in Richtung der Wüste brennt sich in mein Gedächtnis ein. Alle Mitreisenden staunen einfach nur. Keiner spricht. Das Gepäck wird direkt umgeladen und wir reiten los. Erst gestern war unsere Ankunft, jetzt werden wir vom Sand verschluckt und kehren der Zivilisation den Rücken. Langsam zieht die Karawane zur ersten Unterkunft. Ich kann dieses zermürbende Gefühl nicht beschreiben während unsere lieben Helfer das Camp aufbauen, ihre Tiere versorgen und uns ein leckeres Abendmahl zubereiten. Der Rest der Gruppe vergnügt sich mit Yoga, ich schreibe lieber und halte jeden Moment fest.
Jeder Moment ist langatmig, als gäbe es keinen Moment, keine Veränderung. Die Wüste soll leben? Sie liegt wie eine tote Masse vor mir. Ich denke ich werde später verstehen, was die Magie der Wüste ausmacht. In der Dunkelheit der Nacht sitzen wir um ein Lagerfeuer, schauen in den Sternenhimmel und trinken Tee. Jede Geschichte wird vom Stoff aus 1001 Nacht gewoben. Die Zauberei der Wüstennacht verschnellert meinen Herzschlag. Während die Anderen sich schlafen legen, spreche ich noch ein wenig mit einem unserer Helfer. Er sagt: "Hier kommt die Seele zur Ruhe. Die Wüste ist eine Schönheit, kein toter Raum. Die Sahara ist die Königin aller Wüsten." Wir sprechen noch eine Weile über die Wüsten der Welt und essen süsse Datteln mit Tee in unseren Gläsern. Mir scheint die Wüste kann sich zu meiner Leidenschaft entwickeln.

Die Tage ziehen dahin.
Die Sonne brennt am tunesischen Himmel.
Wir wandern und reisen durch das sanfte Dünenmeer. Erlangen immer mehr einen Zustand der Blöße. Wir zollen der Wüste unseren Respekt. "Wasser ist Leben" lautet ein Spruch der Tuareg, der blauen Ritter. Die Wüste frisst sich sogar durch Dörfer wie wir mit eigenen Augen sehen. Von Wasser keine Spur, bis auf eine kleine Oase die wir finden. Wasser ist hier extreme Mangelware und doch finden diese Menschen dieses Lebenselexier. Während wir Westeuropäer disskutieren was ein gebildeter Menschen ist, sind diese Menschen hier zwar nicht im Stande mathematische Formeln zu lösen aber sie wissen wie man überlebt. Wir schauen derweilen nur dumm zu. Wer ist jetzt hier ein ungebildeter Mensch? Ich glaube diese Leute hier tragen mehr Wahrheit in ihren Herzen, als wir je in Worte formulieren können. Viele aus der Gruppe sehen die Wüste mit anderen Augen. Alle sind von der wilden Romantik überzeugt, von den Filmen geblendet oder eben absolute Realisten. Unsere Reisegruppe schätzt jeden Tag und lässt ihn als Gruppe in die Unendlichkeit ziehen. Wir machen diese Reise zu unserem Lebensinhalt.
Wieder verbringen viele die Pausen mit Yoga. Ich habs versucht aber finde mehr meine innere Ruhe indem ich die Wüste betrachte. Ich statte im Lager unseren Kamelen einen Besuch ab. Diese überaus praktischen Tiere sind perfekt für diese Umgebung. Wohlgenährt liegen sie da, kauen vor sich hin. Mein Rücken und Hintern schmerzen zwar, weil ich nur den Ritt auf einem Bürostuhl gewohnt bin, doch mich interessiert die Funktion dieser Tiere.
"Ohne die Kamele sind wir nichts." sagt einer der Teamhelfer. "Wenn wir kein Wasser finden, verenden unsere Tiere irgendwann. Sie haben eine spezielle Anatomie in der Leber und den Blutkörpern, darum können sie scheinbar endlos durch die Weiten der Wüste ziehen, ohne einen Tropfen zu trinken. Wir Menschen können nur von ihnen lernen."
Ich helfe mit die Kamele abzusatteln und sitze am Abend wieder mit der müden Gruppe am Lagerfeuer. Wir trinken Tee, lauschen den klängen der Wüstenmusik, einige Tanzen sogar.

Ich denke ich werde heute unter freiem Himmel schlafen. Die Wüste spüren. Den Sandkörnern lauschen. Für mich wird diese Reise mit Eindrücken enden, die ich nie vergessen werde.
Es sind wirkliche intensive Begegnungen mit Menschen, mit der Wüstenwelt. Die vorhandenen Farben der Wüste sind aufeinander abgestimmt. Das Blau des Himmels ersetzt den fehlenden Ozean, das Gelb des Sandes weist uns keinen Weg wie eine Straße, sie gibt uns die Möglichkeit in der Schlichtheit Glück zu finden. Das Glück hier eine besondere Lebenserfahrung zu machen, das Glück hier jegliche Suche abzubrechen, denn wir haben die Perfektion schon gefunden. Sie brennt in uns wie jede Flamme des Feuers der Wüstennächte. Uns so lange diese Flamme brennt, kehren wir an diesen Ort zurück. Denn die Wüste gibt uns was wir lange nicht verstehen werden. Um dies zu erfahren müssen wir zurückkommen. Ich werde zurückkommen.

http://www.travel-and-personality.de/Tunesien/erlebnisreisen/sahara-fussspuren-im-sand/YSAH

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