Langsam zieht die Karawane durch das
endlose Gelb. Jede Sekunde wird zur Unendlichkeit. Jeder Schritt
meines Kamels lässt die Zeit still stehen. Hier endet alles. Hier
beginnt das Leben. Hierher kehren wir zurück als eines der vielen
Sandkörner. Hier verlieren sich unsere Spuren.
Die Faszination der Wüste steckt in
uns allen. Weite Räume und Landschaften ziehen uns Menschen an wie
ein Magnet. Die Sucht nach der Klarheit der Elemente und die Utopie
der menschlichen Größe sind hier vollkommen.
Die Wüste lebt. Das wissen alle
Nomaden. Sie bewegt sich, verändert ihre Form, gibt und nimmt
zwischen trocknem Staub und kühlem Nass in dem wir unsere
aufglühenden Körper abkühlen können. Die Sonne brennt am Tage und
Nachts fröstelt es unter dem klaren Sternenhimmel.
Das "Nichts" wird hier zum
Genuss.
Über Djerba gelangen wir mit Pause in
Matmata (Höhlenwohnungen) nach Douz, einem Wüstenort. Dort treffen
wir auch schon die Karawane vor den Toren dieser Oase.
Schon der erste Blick in Richtung der
Wüste brennt sich in mein Gedächtnis ein. Alle Mitreisenden staunen
einfach nur. Keiner spricht. Das Gepäck wird direkt umgeladen und
wir reiten los. Erst gestern war unsere Ankunft, jetzt werden wir vom
Sand verschluckt und kehren der Zivilisation den Rücken. Langsam
zieht die Karawane zur ersten Unterkunft. Ich kann dieses zermürbende
Gefühl nicht beschreiben während unsere lieben Helfer das Camp
aufbauen, ihre Tiere versorgen und uns ein leckeres Abendmahl
zubereiten. Der Rest der Gruppe vergnügt sich mit Yoga, ich schreibe
lieber und halte jeden Moment fest.
Jeder Moment ist langatmig, als gäbe
es keinen Moment, keine Veränderung. Die Wüste soll leben? Sie
liegt wie eine tote Masse vor mir. Ich denke ich werde später
verstehen, was die Magie der Wüste ausmacht. In der Dunkelheit der
Nacht sitzen wir um ein Lagerfeuer, schauen in den Sternenhimmel und
trinken Tee. Jede Geschichte wird vom Stoff aus 1001 Nacht gewoben.
Die Zauberei der Wüstennacht verschnellert meinen Herzschlag.
Während die Anderen sich schlafen legen, spreche ich noch ein wenig
mit einem unserer Helfer. Er sagt: "Hier kommt die Seele zur
Ruhe. Die Wüste ist eine Schönheit, kein toter Raum. Die Sahara ist
die Königin aller Wüsten." Wir sprechen noch eine Weile über
die Wüsten der Welt und essen süsse Datteln mit Tee in unseren
Gläsern. Mir scheint die Wüste kann sich zu meiner Leidenschaft
entwickeln.
Die Tage ziehen dahin.
Die Sonne brennt am tunesischen Himmel.
Wir wandern und reisen durch das sanfte
Dünenmeer. Erlangen immer mehr einen Zustand der Blöße. Wir zollen
der Wüste unseren Respekt. "Wasser ist Leben" lautet ein
Spruch der Tuareg, der blauen Ritter. Die Wüste frisst sich sogar
durch Dörfer wie wir mit eigenen Augen sehen. Von Wasser keine Spur,
bis auf eine kleine Oase die wir finden. Wasser ist hier extreme
Mangelware und doch finden diese Menschen dieses Lebenselexier.
Während wir Westeuropäer disskutieren was ein gebildeter Menschen
ist, sind diese Menschen hier zwar nicht im Stande mathematische
Formeln zu lösen aber sie wissen wie man überlebt. Wir schauen
derweilen nur dumm zu. Wer ist jetzt hier ein ungebildeter Mensch?
Ich glaube diese Leute hier tragen mehr Wahrheit in ihren Herzen, als
wir je in Worte formulieren können. Viele aus der Gruppe sehen die
Wüste mit anderen Augen. Alle sind von der wilden Romantik
überzeugt, von den Filmen geblendet oder eben absolute Realisten.
Unsere Reisegruppe schätzt jeden Tag und lässt ihn als Gruppe in
die Unendlichkeit ziehen. Wir machen diese Reise zu unserem
Lebensinhalt.
Wieder verbringen viele die Pausen mit
Yoga. Ich habs versucht aber finde mehr meine innere Ruhe indem ich
die Wüste betrachte. Ich statte im Lager unseren Kamelen einen
Besuch ab. Diese überaus praktischen Tiere sind perfekt für diese
Umgebung. Wohlgenährt liegen sie da, kauen vor sich hin. Mein Rücken
und Hintern schmerzen zwar, weil ich nur den Ritt auf einem Bürostuhl
gewohnt bin, doch mich interessiert die Funktion dieser Tiere.
"Ohne die Kamele sind wir nichts."
sagt einer der Teamhelfer. "Wenn wir kein Wasser finden,
verenden unsere Tiere irgendwann. Sie haben eine spezielle Anatomie
in der Leber und den Blutkörpern, darum können sie scheinbar endlos
durch die Weiten der Wüste ziehen, ohne einen Tropfen zu trinken.
Wir Menschen können nur von ihnen lernen."
Ich helfe mit die Kamele abzusatteln
und sitze am Abend wieder mit der müden Gruppe am Lagerfeuer. Wir
trinken Tee, lauschen den klängen der Wüstenmusik, einige Tanzen
sogar.
Ich denke ich werde heute unter freiem
Himmel schlafen. Die Wüste spüren. Den Sandkörnern lauschen. Für
mich wird diese Reise mit Eindrücken enden, die ich nie vergessen
werde.
Es sind wirkliche intensive Begegnungen
mit Menschen, mit der Wüstenwelt. Die vorhandenen Farben der Wüste
sind aufeinander abgestimmt. Das Blau des Himmels ersetzt den
fehlenden Ozean, das Gelb des Sandes weist uns keinen Weg wie eine
Straße, sie gibt uns die Möglichkeit in der Schlichtheit Glück zu
finden. Das Glück hier eine besondere Lebenserfahrung zu machen, das
Glück hier jegliche Suche abzubrechen, denn wir haben die Perfektion
schon gefunden. Sie brennt in uns wie jede Flamme des Feuers der
Wüstennächte. Uns so lange diese Flamme brennt, kehren wir an
diesen Ort zurück. Denn die Wüste gibt uns was wir lange nicht
verstehen werden. Um dies zu erfahren müssen wir zurückkommen. Ich
werde zurückkommen.
http://www.travel-and-personality.de/Tunesien/erlebnisreisen/sahara-fussspuren-im-sand/YSAH
http://www.travel-and-personality.de/Tunesien/erlebnisreisen/sahara-fussspuren-im-sand/YSAH
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen