Donnerstag, 15. Januar 2015

Albanien - unbekanntes Land in Europa

 Albanien war immer ein weisser Fleck auf der Landkarte. Mehrfach begegnen Menschen diesem Land mit Vorurteilen, auch wenn sie Albanien gar nicht kennen. Wer glaubt schon das man dort auf unvoreingenommene Menschen trifft in ihrer unendlichen Gastfreundschaft nicht aus Reichtum an Geld in ihren Taschen, sondern durch das Gold in ihren Adern. Von der Natur brauche ich gar nicht erst zu schreiben. Sie fließt genauso in die unbekannte Schönheit wie alle Menschen die hier wohnen.
In Tirana beginnt unsere Reise. Schnell wird klar, dass wir uns überheblich geirrt haben in unseren Vorstellungen. Dieses ehemals abgeschottete Land präsentiert sich mit einer wohlhabenden Atmosphäre. Überall erstrahlen Geschäfte, spazieren elegant gekleidete Bewohner der Stadt umher, begrüßen uns mit „Mire se vini“, was Herzlich Willkommen heisst.
Selbst wenn wir nur diese drei Worte auf unserer Reise wiedergeben können verzaubern wir die Gesichter dieser Leute. Niemand rechnet mit nur einem Wort ihrer Sprache. Warum auch?
Wenn man sich vorstellt das Albanien ein Land ist welches sich immer noch findet, die Armut allgegenwärtig ist und der Albaner oftmals einen schlechten Ruf hat ist es kein Wunder, dass hier niemand etwas erwartet. Bei allen angeprangerten Illegalitäten versuchen wir diese Vorurteile endlich abzulegen. Tirana bringt Schwung in die graue Geschichte.
Mit jedem Schritt durch die heute modernisierte Stadt begegnen die Menschen uns mit einem Lächeln. Es erscheint am ersten Tag schon unfair zu denken das jeder hier ein Krimineller ist, denn die Menschen nehmen uns mit ihrem ganzen Herzen auf.
Zwischen Bunkern und Prada, zwischen Tradition und Moderne kommen wir in eine Welt welche gar nicht viel anders ist als unsere.
Wir verlassen die Hauptstadt in Richtung Süden nach Berat. Die alten Burgmauern sind Beweise der untermalten Schutzoffensive, sowie die Bunker überall im Land verteilt. Der damalige Diktator Enver Hoxha hatte nicht gerade wenig Feinde, doch wir lassen uns von der Altertümlichkeit dieses Ortes verzaubern, kaufen geschwind etwas auf dem lokalen Markt und erleben den albanischen Alltag zwischen Zigarette und Kartenspiel. Hier herrscht Frieden.
Wir wollen jetzt die Natur erleben. Im Tomorrgebirge starten wir unsere Wanderung. Kaum zu glauben das dies hier Albanien seien soll. Das Gebirge kann heute begangen werden, damals in der Diktatur war es verboten. „Vater Tomorr“ ist ein heiliger Berg. Die Aussicht lässt uns alle Vorurteile vergessen.
In Polican werden wir aber gleich wieder zurückgeworfen in die kommunistische Zeit. Die alten Nachahmungen der Kalaschnikow ala Albanien mit den dafür entworfenen Kavernen lassen uns erstarren. Albanien lebte einst extrem. Diesen Orten hätten wir nie besucht. Früher war es nur zwei Mal am Tag erlaubt Wasser zu holen, Telefonate mussten angemeldet werden, die Angst vor dem Straflager war groß. Nicht selten standen viele Albaner vor leeren Geschäften und fragten nach Lebensmitteln. Diese organisierte Freiheit hatte ihren Preis. Heute wollen die Albaner ihr Land nach Europa führen.
All diese Gedanken verschwinden jedoch wieder, sobald wir die Osumi-Schlucht erreichen. Nie erlebten wir ein Land so farbig wie diese Schlucht mit klarem Wasser. Der Bogove Wasserfall komplettiert das Bild. Es ist ein merkwürdiges Gefühl zu wissen, dass wir heute all dies bestaunen dürfen. Darum kitzelt das Abenteuergefühl in uns immer mehr heraus. Wir wollen immer weiter und mehr sehen. Albanien macht süchtig.


Gjirokastra und Butrint. Wir haben keine Ahnung was dies für Namen sind. Um so mehr erstaunt uns das unverwechselbare Spiel zwischen Bergen, dem Grün der Balkankiefer und den Ausgrabungsstätten. Historisch gibt Albanien alles was das Herz begehrt. Immer mit der Insel Korfu im Blick zieht es uns in den Badeort Dhermi an die albanische Riviera. 300Km Mittelmeerküste hat Albanien zu bieten. Zeit genug um einfach mal die Seele baumeln zu lassen. Im Norden des Landes erheben sich die Berge mit ihren traditionellen Völkern, welche immer noch nach dem Kanun leben. Doch die Gedanken an Blutrache sind hier im Süden ganz fern. Eher interessiert uns der Liogara Nationalpark. Zwischen Schwarzkiefern und Eschen wandern wir entlang blumiger Wiesen, unterhalten uns über die Existenz der Wölfe in den Wäldern und springen anschließend in das kühle Nass des Meeres. Albanien hat uns gefangen. Dieses Land beraubt uns nun unserer negativen Gedanken, wir sind verliebt.
Auf dem Weg zurück wollen wir nochmals die Antike erleben und halten in Apollonia. Bei einem Kaffee in Durres sprechen wir nochmal über unsere Eindrücke der letzten Tage. Die Frage nach dem „Warum“ wird immer nebensächlicher. Wir lernen mit jedem Schritt in diesem Land. Das Potenzial für Zukunft wird hier groß geschrieben. Die Menschen blicken nach vorne und nicht zurück. Es ist wie an einer Klippe. Wenn man einen Schritt nach vorne macht kann dies Fortschritt sein. Wenn man sich von der Klippe wegdreht und einen Schritt nach vorne macht, kann dies ebenfalls Fortschritt sein. Ich denke die Albaner wissen selber am besten, welchen Weg sie wählen werden. Und dabei haben sie schon gewählt. Diese Wahl sollte uns vielleicht mal die Augen öffnen.

Am Ende sitzen wir noch in einem netten Lokal in Tirana und lassen die Reise ausklingen. Bevor wir morgen in das Flugzeug steigen stellen wir fest:

Ja es ist ein vergessenes Land, ja es ist ein letztes Geheimnis des Balkans und ja, wir alle sollten uns dieses Land ansehen!

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen